„Es geht nicht darum, Dinge zu bestimmen. Es ist ein Prozess, in dem im besten Fall alle Beteiligten voneinander lernen und ihre eigenen Fähigkeiten bestmöglich einbringen – mit einer gemeinsamen Vision. Nur das führt zum besten Ergebnis.“

Deine Schwerpunkte sind Typographie, Buchgestaltung und Illustration.
Ist das Zusammenspiel dieser drei Disziplinen für Dich am reizvollsten oder hast Du einen Favoriten?

Buchgestaltung impliziert auch Typographie, – insofern lässt sich das schlecht trennen. Die Buchgestaltung macht momentan den größten Teil meiner Arbeit aus. Ich liebe die enge Zusammenarbeit mit den Künstlern. Da ich aber parallel zum Graphikdesign auch Malerei studiert habe, reizt mich immer wieder auch die bildnerische / illlustratorische Seite, die ich – je nach Thematik und Konzept – photographisch, zeichnerisch oder malerisch angehe. Für Buchcover oder Plakatgestaltungen kann ich diese Bildfindungen immer wieder ausleben, was mir riesigen Spaß macht. Ich glaube es ist wie so oft: Die Mischung macht’s.

 

Nach Deinem Grafik Design Studium an den Kunstakademien in Stuttgart und Mailand hast Du beim Kehrer Verlag angefangen. Bist Du so zum Fotobuch gekommen, oder hattest Du diese Affinität schon vorher?

Eine Affinität zur Photographie hatte ich schon immer, – dass ich beim Photobuch landen würde war für mich aber kein fixer Plan sondern eher eine Verkettung von verschiedenen Umständen und Begegnungen. Das Leben halt. Die Tatsache, dass ich direkt nach meinem Diplom beim Kehrer Verlag arbeiten konnte und mich das auf meinen Weg als Buchgestalterin gebracht hat, war im Nachhinein ein riesiges Glück für mich. Die Agentur-Landschaft hat mich immer abgeschreckt, – ein Grund, warum ich keinerlei Praktika während des Studiums gemacht habe. Ich hatte einfach Angst, dass ich das Studium abbrechen würde, wenn ich mit der Agentur-Realität konfrontiert werden würde. Stattdessen war ich einige Zeit in Mailand, um Pause vom Graphikdesign zu machen und mich ausschließlich der Malerei zu widmen. Seltsamerweise war danach klar: Ich will Bücher machen. So ist das ja manchmal, wenn man pausiert von etwas…, plötzlich weiß man unterbewusst ganz unverhofft, was man eigentlich will. Irgendwie bin ich so auch an der Schnittstelle meiner zwei Studien gelandet. Design, aber eben auch die Arbeit mit Künstlern. Und: Ich liebe Buchmenschen, – sie sind eigentlich immer sympathisch 🙂

 

Warum ist Leipzig zu Deiner Wahlheimat geworden?

»Heimat« ist für mich ein schwieriger Begriff, weil ich mein Leben lang oft den Wohnort gewechselt habe. Leipzig war damals eine persönliche Ortsentscheidung zwischen Süddeutschland und Berlin. Leipzig ist eine Stadt, die im Prozess ist. Es verändert sich viel. Nicht alles ist gut, aber so ist das oft, wenn etwas in Bewegung ist. Ein Aspekt, der mich immer wieder neu zum Staunen bringt, ist diese wahnsinnige Mischung von großstädtischem Kulturangebot, kreativem Leben und wunderbarster Natur. Das ist in dieser Art selten, denke ich. Ein grüner Gürtel zieht sich durch die ganze Stadt bis hin zu den Badeseen im Süden, die ein Resultat des früheren Braunkohle-Abbaus sind. Die Nähe zu Berlin ist mir auch sehr wichtig. Dort sind natürlich auch einige meiner Auftraggeber.
Außerdem ist Leipzig ja von Tradition her eine Buchstadt. Auch wenn da die Hochzeiten vorbei sind spürt man das weiterhin.

 

Bestimmt der Verleger oder Kurator, zu welchem Künstler oder Fotografen Du passt, oder wirst Du vom Künstler / Fotografen ausgesucht?

Hier gibt es alle Varianten. Es gibt ein paar Verlage für die ich regelmäßig arbeite, aber genauso arbeite ich auch direkt mit Künstlern, die schon mit Verlagen im Gespräch oder noch auf der Suche sind, bzw. selbst verlegen. Da ist auch ganz viel Mund zu Mund Propaganda. Das ganze ist ziemlich international, was ich super spannend finde. Es ist immer wieder ein Wunder für mich, dass man heute so über die Landesgrenzen und Kontinente hinweg arbeiten kann. Das sind phantastische Möglichkeiten.

 

Du hast mal erzählt, dass jemand, für den Du ein Buch gestaltet hast, Dich anrief und sagte: „Gestern als ich deinen Entwurf zum ersten Mal gesehen habe, habe ich dich gehasst, und am nächsten Morgen habe ich dich geliebt“ Ich kann mir denken, dass es zu einer ziemliche Reibung zwischen Curator, Fotografen und Dir kommen kann. Wie gehst Du damit um? Wer bestimmt letztendlich, wie das Buch aussehen wird?

»Reibung« und »bestimmen« klingt irgendwie nach Kampf. Ich seh das Büchermachen als ein Ping Pong Spiel. Alle sollten ein Team sein. Im besten Fall ist man der größte Kritiker und zugleich der größte Verbündete voneinander. Man arbeitet sehr eng zusammen, und im Endeffekt ist das Buch ein gemeinsames »Baby«. Es geht nicht darum, Dinge zu bestimmen. Es ist ein Prozess, in dem im besten Fall alle Beteiligten voneinander lernen und ihre eigenen Fähigkeiten bestmöglich einbringen – mit einer gemeinsamen Vision. Nur das führt zum besten Ergebnis. Diese Vision muss auch auf eine Art flexibel bleiben und offen für Entwicklungen, ohne dass man das Gefühl hat, dauernd Kompromisse zu machen. Es ist ein bisschen wie bei einem Puzzle. Am Anfang gibt es ganz viele lose Stücke, und irgendwann fügt es sich zusammen, und alles wird stringenter und macht zusammen Sinn. Das ist ein wunderschönes Gefühl. So eine enge Zusammenarbeit kann für alle Seiten unglaublich erfüllend sein. Manchmal fallen die Künstler erstmal in ein kleines Loch, wenn dieser spannende und anstrengende Prozess dann irgendwann vorbei ist. Büchermachen kann süchtig machen :-)))

 

Geldmangel ist bei Künstlern und Fotografen nichts Ungewöhnliches, und so ein Buchprojekt geht natürlich ans Geld, vor allem weil die meisten Verlage inzwischen erwarten, dass die Autoren alles vorfinanzieren. Wie lange braucht es von der Anfrage bis zum fertigen Buch, denn Zeit ist Geld ?

Ich muss sagen, dass ich mit dem Geldsammelprozess (glücklicherweise) meist wenig zu tun habe. Eigentlich fragen mich die Künstler erst an, wenn sie ein gewisses Budget zusammen haben. Ich lebe ja von der Buchgestaltung. Es gibt durch die digitalen Medien eine Reihe von Möglichkeiten, ein Projekt im Vorhinein zu bewerben und Gelder zu sammeln. Einfach ist es jedoch, je nach Thema, nicht. Ich bin mir bewusst, dass das Büchermachen für die Künstler in den meisten Fällen eine große Investition bedeutet. Eine Investition in ein Medium, das von Ausstellern und Galeristen zum Teil vorausgesetzt wird, das man sich aber erst mal leisten können muss. …… Nicht einfach, das ist mir bewusst. Es ist kuzfristig eine große Investition, die sich aber aber oft langfristig in Form von Bildverkäufen und größerer medialer Aufmerksamkeit auszahlt.

Du arbeitest immer wieder auch mit Künstlern, die im Ausland wohnen. Wie läuft dann die Zusammenarbeit über Ländergrenzen hinweg ? Kommen sie nach Deutschland um alles mit Dir zu besprechen oder läuft das anders ?

Das ist völlig unterschiedlich. Manche kommen nach Deutschland, – mit anderen bespreche ich mich auf Messen, oder ich treffe sie überhaupt nicht, weil sie beispielsweise in Amerika wohnen, und es finanziell nicht möglich ist, sowohl zu Besprechungen als auch zum Druck zu kommen. Dann skypen wir viel, und wenn wir uns dann irgendwann in der Realität treffen, kommt es mir durch die vorangegangenen Gespräche immer so vor, als hätte man sich schon ganz oft getroffen. Es geht erstaunlich gut auch über weite Distanzen mit den digitalen Kommunikationsmitteln, die wir heute haben.

Was ist, wenn Du mit einem Thema konfrontiert wirst, das Dir überhaupt nicht liegt ?

Also wenn ich beim Anschauen eines Projektes einen großen inneren Widerstand spüre, dann lehne ich ab. Es ist für meine Arbeit wichtig, dass ich auf irgendeine Art inspiriert werde, nur so kann ich eigene Ideen entwickeln. Das bedeutet nicht, dass ich alles immer spitze finden muss. Aber ich muss Anknüpfungspunkte finden können, die mir zu einem Konzept verhelfen, und ich muss einen Zugang zur Arbeit haben. Wenn da nichts ist, dann habe ich keinen Spaß bei der Arbeit und bin auch nicht so gut, was mich selbst dann unzufrieden macht. Dann lass ich es lieber sein. Natürlich würde ich auch rassistische, sexistische, oder entsprechende Themen ablehnen, das steht aber auf einem anderen Blatt.

 

Was wäre Dein Ratschlag an Fotografen die am Anfang stehen und ein Buchprojekt realisieren wollen? 

Der wichtigste Ratschlag ist, denke ich: Haltet durch. Haltet durch, auch wenn euch Verlage nicht antworten, das Fundraising mühsam ist, und zwischenzeitlich die Selbstzweifel kommen. Das ist ein Prozess, den die Meisten durchmachen müssen. Wichtig ist auch: Werdet euch klar, was euer Thema ist. Das klingt recht simpel, ist es aber manchmal gar nicht. Ihr müsst das Buch an die Frau / den Mann bringen und in wenigen Worten sagen können, was euch daran wichtig ist. Natürlich gibt es auch recht freie Arbeiten, aber irgendeinen roten Faden sollte es geben. Der kann auch ein Gefühl sein. Ein dritter Punkt, der sich meist von selbst entwickelt, wenn ein Künstler schon ein bis zwei Bücher gemacht hat, ist: Versucht auch im Medium Buch zu denken. Eine Ausstellung ist ein Medium. Ein Buch ist ein anderes. Das heißt, man kann beim Sammeln des Materials schon im Kopf haben, was an »Spielmaterial«, das über die Kernarbeit hinausgeht, als Gestaltungselement noch Verwendung finden könnte. Etwa für Cover, Vor-Nachsatz und so weiter. Sinnvoll kann es da auch manchmal sein, schon ein erstes Gespräch zu führen, wenn der Materialsammelprozess noch nicht final abgeschlossen ist.